Referenzzinssatz gestiegen – wie weiter?
Am 1. Juni hat das Bundesamt für Wohnungswesen die Erhöhung des Referenzzinssatzes von 1,25 auf 1,5 Prozent bekannt gegeben. Seither wird in den Medien viel darüber spekuliert, welche Kostensteigerungen damit auf die Mieterinnen und Mieter zukommen. Gleichzeitig stellt sich für Vermieter die Frage, welche Schritte nun erforderlich sind und unter welchen Umständen Mietzinsen wie stark angepasst werden können. Ralf Bendzulla, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Adimmo AG, weiss Rat.
Der Referenzzinssatz ist um 0,25 Prozentpunkte angestiegen. Wie berechnet sich daraus die tatsächliche Erhöhung der Mietzinse?
Die dafür entscheidende Grundlage finden wir in der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen, und dort im Artikel 13, um ganz präzise zu sein. Dieser sieht vor, dass eine Referenzzinserhöhung von einem Viertel Prozent eine Mietzinserhöhung von 3 Prozent ermöglicht. Wobei man diesen Wert nicht als absolut betrachten darf.
Welche anderen Faktoren müssen dann noch berücksichtigt werden?
Zum einen ist eine individuelle Mietvertragsprüfung erforderlich, um zu sehen, auf welchem Referenzzinssatz die aktuelle Miete basiert. Wir bei Adimmo werden dabei von unseren digitalen Werkzeugen unterstützt: Dank der Mietspiegel und den hinterlegten Attributen sehen wir, auf welche Mietverhältnisse der neue Referenzzinssatz überhaupt anwendbar ist. Doch es kommen noch weitere Gesichtspunkte hinzu: Die aktuelle Teuerung und die sogenannte allgemeine Kostensteigerung, die sich aus dem Durchschnitt der letzten rund fünf Jahre ergibt, können eine Mietzinserhöhung rechtfertigen. Insgesamt könnte sich daraus eine Steigerung von bis zu 6 Prozent ergeben, falls die Referenzzinserhöhung vollständig weitergegeben werden darf.
Wann wäre dies denn nicht der Fall?
Gerade ältere Mietverträge basieren oft noch auf einem höheren Referenzzins, und häufig haben Mieterinnen und Mieter bei den Referenzzinssenkungen in den vergangene Jahren keine Reduktion beantragt. Im Umkehrschluss heisst dies, dass der Referenzzins alleine dann auch keine Erhöhung rechtfertigt.
Referenzzinssatz betrifft nicht nur Wohnungsmieten
Sie haben von bis zu 6 Prozent höheren Mieten gesprochen, die jetzt maximal denkbar sind. Doch in den Medien war in den vergangenen Woche von bis zu 10 Prozent die Rede.
Die Kunden, für die wir Liegenschaften bewirtschaften, achten dabei durchaus auf die Verdaubarkeit, wenn ich das so nennen darf. Konkret deckeln wir die Erhöhung bei den Marktmieten, also bei den üblichen Werten für Liegenschaften mit gleicher Lage, Ausstattung und Baualtersklasse.
Gibt es einen markanten Unterschied zwischen den Mieten für Wohnraum und für gewerblich genutzte Objekte?
Die eingangs angesprochene Verordnung gilt für beide gleichermassen. Gleichwohl werden Vermieter von Büroflächen vermutlich anders agieren als auf dem Wohnungsmarkt, der hier bei uns im Raum Basel eine Leerstandquote von unter 1 Prozent aufweist. Zumal die Mieten respektive Mietverträge mit Unternehmen oft das Ergebnis von Verhandlungen und entsprechend anders gestaltet sind, als dies bei Wohnraum üblich ist.
Ganz allgemein gefragt: Wie gehen Vermieter jetzt korrekt vor?
Sie müssen form- und fristgerecht eine Mietzinserhöhung erklären, die ab dem 1. Oktober wirksam wird. Die Zustellung muss bis zum 12. Juni erfolgen – nachdem der neue Referenzzins am 1. Juni veröffentlicht wurde. Schwierig wird dieses Tempo für alle, die nicht über die entsprechenden Systeme verfügen und gewissermassen von Hand die Verträge überprüfen müssen. Wir können für unsere Kunden automatisiert auf die notwendigen Daten zugreifen und auch in Testumgebungen Mietzinssimulationen vorstellen, über die wir uns dann abstimmen und so fundierte Entscheidungen treffen. Aus unserer Sicht handelt es sich dabei nur um ein weiteres Argument, die Digitalisierung in der Bewirtschaftung mit aller Konsequenz voranzutreiben.
Haben Sie eine Prognose, wie es mit dem Referenzzinssatz weitergeht?
Über die sprichwörtliche Kristallkugel verfügen wir leider nicht. Aber es gibt diverse Publikationen, die von einem weiteren Anstieg in Treppenform ausgehen und erwarten, dass in Steigerungsjahren vor uns liegt, was wir in Senkungsjahren hinter uns haben.
Herr Bendzulla, herzlichen Dank für das Gespräch.