Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement: eine Frage der richtigen Hebel
Nachhaltiges Immobilienmanagement bedeutet, einzelne Liegenschaften und ganze Immobilienportfolios fit für die Zukunft zu machen. Während einige Ziele im Bereich der Energieeffizienz und -einsparung durch Politik und Gesetze klar vorgegeben sind, bestehen beim Weg dorthin erhebliche Unklarheiten. Nur eine transparente Kosten-Nutzen-Analyse schafft Orientierung.
Als Verantwortliche für die Immobilienportfolios diverser institutioneller Investoren fordert uns das Thema Nachhaltigkeit enorm. So sehr, dass es definitiv sinnvoll erscheint, Überlegungen und Erfahrungen auszutauschen. Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich meinen Gedanken vorausschicken: Ich bin davon überzeugt, dass wir als Menschheit, als Gesellschaft, als Individuen unser Verhalten anpassen müssen. Dass sich unser Klima verändert, ist eine gut belegte Tatsache. Dazu tragen wir bei, indem wir zu viele fossile Brennstoffe verbrennen. Die Abkehr davon ist der zentrale Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel.
Immobilienmanagement: Treibhausgase reduzieren
Wie dies geschehen soll, dazu gibt es viele Forderungen, Regelwerke und Gesetze. Dies beginnt mit den 17 Zielen der UNO für nachhaltige Entwicklung. Weiter gibt es die Taxonomie der EU, die unter anderem auch festlegt, was im Bereich der Immobilien als sinnvoll erachtet wird. In der Schweiz haben wir die gesetzliche Vorgabe, bis 2050 «Netto-Null» erreichen zu müssen. Dies sind die wesentlichen Rahmenbedingungen. Wir stehen in der Verantwortung, diese Ansprüche für die betreuten Immobilien umzusetzen. Idealerweise sollte es sogar schneller gehen, als vom Gesetz gefordert. Schliesslich haben unsere Investoren und wir mit ihnen eine Vorbildfunktion und stehen im Fokus der Öffentlichkeit.
Nun sind wir aber ausgerechnet in einer Branche tätig, in der Massnahmen nicht von heute auf morgen greifen. Wollen wir an einer Immobilie etwas verändern, haben wir Vorlaufzeiten von zwei bis drei Jahren. Entsprechend lange dauert es, bis wir Ergebnisse sehen. Gerade deshalb handelt es sich beim Streben nach mehr Nachhaltigkeit nicht um ein einzelnes Projekt, sondern um eine Daueraufgabe. Wichtiger noch: um eine Aufgabe, die schon länger laufen sollte. Denn wer heute anfängt, wird erst in drei bis vier Jahren Ergebnisse sehen.
Wo lässt sich am meisten bewegen?
Umso systematischer müssen wir die Hebel einsetzen, mit denen wir am meisten bewegen können. Denn allen Forderungen von Seiten der Politik gerecht werden zu wollen, ist ein unmögliches Unterfangen. Beispielsweise auf alle 17 Ziele der UNO eine Antwort haben zu wollen, halte ich nicht nur für unrealistisch, sondern auch für nicht zielführend. Die Festlegung einer Nachhaltigkeitsstrategie muss immer die Frage stellen: Wo sind die zur Verfügung stehenden Mittel am besten investiert? Dort gilt es, konsequent zu handeln, statt sich im grossen Wunschkonzert der wechselnden Trends zu verlieren.
Spielen wir das anhand einiger Beispiele durch. Besonders effektiv und effizient wirken Massnahmen, die wegführen von fossilen Brennstoffen. Zwar bedeutet beispielsweise ein neues Heizsystem eine enorme Investition, aber diese rechnet sich spätestens nach rund dreissig Jahren, meistens sogar früher. Vor allem steht aber fest: Sie wirkt – in Form von messbar eingespartem CO2. Da als Konsequenz die Nebenkosten sinken, entsteht darüber hinaus Spielraum bei der Nettomiete. Deswegen sollte jeder Investor eine Erneuerung des Heizsystems in Betracht ziehen, für mehr Nachhaltigkeit und im Hinblick auf seine Rendite.
Gesamten Lebenszyklus einer Massnahme beachten
Als nicht mehr so entscheidend wie früher sehe ich hingegen den Faktor Dämmung. Wir haben im Winter völlig andere Temperaturen als vor 20 Jahren. Heute müssen wir weniger fragen, wie wir im Winter die Wärme im Gebäude halten, sondern eher, wie wir im Sommer kühlen können. Doch in erster Linie geht es auch hier wieder um den sinnvollen Einsatz der Mittel: Unter dem Strich ist es günstiger und umweltfreundlicher, mit einem effizienten System auf Basis erneuerbarer Energie etwas mehr zu heizen, als viel Geld und Material in die Dämmung eines ölbeheizten Gebäudes zu investieren. Denn in Dämmstoffen steckt viel graue Energie, die wir wann immer möglich vermeiden möchten.
Geht man noch einen Schritt weiter, merkt man schnell: Was heute teilweise auf oder unter den Fassaden landet, ist der Sondermüll von morgen. In jedem Fall zeigt sich hier sehr deutlich: Nicht jede gut gedachte, und auf den ersten Blick auch sinnvoll scheinende Massnahme, bringt den erwünschten Nutzen.
Es lohnt sich jedoch, die gerade angesprochene Frage der Kühlung näher zu betrachten. Damit lässt sich in der Vermietung mit hoher Sicherheit ein Mehrwert erzielen. Je mehr Hitzetage wir erleben, desto stärker nachgefragt werden Wohnungsangebote mit entsprechenden Möglichkeiten sein. Am effizientesten lässt sich dies lösen mit einer Kombination aus Fussbodenheizung – ja, diese lassen sich auch zur Kühlung einsetzen – Wärmepumpen und Erdwärmesonden. Auch in diesem Fall gehen Energieeffizienz und positive Rendite Hand in Hand.
Energiesparen als Mini-Game?
Abschliessen möchte ich mit einem Ansatz, der meiner Meinung nach nur selten die gewünschten Ergebnisse bringt. Allen Bewohnerinnen und Bewohnern einer Mietliegenschaft möglichst detaillierten Live-Zugriff auf ihre Verbrauchsdaten zu geben und sie so zum Sparen zu ermuntern, klingt zugegeben nach einer guten Idee. Am besten noch gepaart mit einem hausinternen Wettbewerb, wer am meisten Energie einspart, schliesslich funktioniert die «Gamification» auch in anderen Bereichen hervorragend.
Doch um so etwas umzusetzen, benötigen wir teure Technologie sowie Mieterinnen und Mieter, die ihr Verhalten auch wirklich anpassen möchten. In der Praxis beobachten wir oft das gleiche Phänomen: Zu Beginn stellen wir eine Veränderung fest, doch der Effekt geht schnell verloren. Am Ende haben wir nur eine enorme Datenmenge über den Verbrauch und das Verhalten von Menschen, die aber niemand wirklich beachtet. Zudem darf man berechtigterweise fragen, wie viel eine Einzelperson überhaupt noch beitragen kann, wenn die Häuser immer effizienter werden.
Fazit
Nicht immer präsentiert sich die Situation so eindeutig wie in diesen Beispielen aufgezeigt. Ausserdem müssen wir immer flexibel bleiben und technische Entwicklungen antizipieren – für uns vielleicht sogar die grösste Herausforderung. Denn dank der menschlichen Kreativität begleiten Innovationen in allen Lebensbereichen, der Bau stellt hier keine Ausnahme dar. Es sei angemerkt: Deswegen dürfen wir wiederum auf Fortschritte hoffen, die unsere Nachhaltigkeitsziele wieder etwas realistischer machen. Nicht zuletzt braucht es natürlich bisweilen Kompromisse, weil Investoren eine bestimmte Agenda haben oder bestimmte Punkte gerade maximal im Fokus der Öffentlichkeit stehen.
Gleichwohl, und das ist meine feste Überzeugung, muss im Kern immer die Frage stehen, welche Lösungen die grösste Wirkung im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln erzielen.
Teilen Sie meine Beurteilung der geschilderten Massnahmen? Haben Sie vielleicht andere Erfahrungen gemacht? Für einen konstruktiven Austausch stehe ich gerne zur Verfügung.
Adimmo AG
Dr. Georg Meier
Leiter Portfolio Management
Mitglied der Geschäftsleitung