Immobilien-Ausblick: Was bringt 2025?
Der Schweizer Immobilienmarkt als sicherer Hafen? Im Interview erläutert Dr. Georg Meier die Entwicklungen im Jahr 2024 und gibt einen Ausblick, was Investoren vom kommenden Jahr erwarten dürfen.
Die Inflation scheint unter Kontrolle, der Leitzins wurde 2024 mehrfach gesenkt, vor wenigen Wochen noch einmal überraschend deutlich auf 0,5 Prozent.
Für den Schweizer Immobilienmarkt klingt das sehr verlockend, das ist richtig. Wir sehen das auch am Verhalten der Anleger: Sie sind schon wieder optimistischer unterwegs und konnten viele Kapitalerhöhungen für Immobilieninvestments im Markt umsetzen. Aber die Schweiz bleibt eine Insel in Europa. Wir haben sehr grosses Potenzial durch Zuwanderer, die alle eine Wohnung brauchen, einkaufen gehen, Jobs haben und Steuern bezahlen. Das sorgt prinzipiell für Wachstum, aber ich würde dieses als Personen-induziert bezeichnen. Es ist kein verlässlicher Indikator, dass es der Wirtschaft tatsächlich gut geht.
Dies wird auch im Immobilienbereich deutlich, wenn man die Situation genauer betrachtet. Der Wohnungsmarkt ist leer gefegt, deswegen ist jedes Objekt vermietbar. Bei den Geschäftsflächen, gerade im Retailsektor, läuft es aber nicht besonders gut. Man kann heute ein Büro zu den gleichen Konditionen wie vor zehn Jahren mieten – erfreulich für die Mieter, aber für die Wirtschaft kein gutes Zeichen.
«Die Schweiz ist eine Hartwährungs-Insel.»
Weshalb kommt es dann doch zu positiven Signalen wie den Zinssenkungen?
Die niedrigeren Kapitalmarktzinsen haben nicht nur mit der gebremsten Inflation, sondern auch mit den aktuellen Krisenherden und Unsicherheiten zu tun: Der Franken bleibt eine Fluchtwährung, wie Gold wird er von den internationalen Anlegern gesucht, um in Sicherheit zu investieren. Was macht die Nationalbank? Sie senkt die Zinsen und droht – so muss man es aus Perspektive dieser Investoren sehen – damit noch weiterzugehen, um den Zufluss an Kapital zu vermindern. Abwehren kann sie ihn natürlich nicht, aber sie versucht, ihn zu begrenzen, damit es nicht zu einer noch stärkeren Aufwertung des Frankens kommt. Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund die Aussage von vorhin so ergänzen: Die Schweiz ist eine Hartwährungs-Insel.
Wie sieht es jenseits unserer Grenzen aus?
Im Ausland läuft es nicht gleich gut wie bei uns. Das sieht man in Europa, und man sieht es in den USA. Die sind zwar ökonomisch gar nicht mehr so schlecht unterwegs, aber auch dort ist die Inflation noch nicht im Griff. Eine Erhöhung der Zölle, die Donald Trump bereits angekündigt hat, könnte sogar zu einem neuen Inflationsschub führen. So könnte das Thema auch bei uns ganz plötzlich wieder aufs Tapet kommen.
Dennoch zeigen sich viele Player zufrieden mit dem Jahr 2024.
Für sich allein betrachtet verlief das Jahr überraschend gut, das muss man sagen. Wenn man bedenkt, was in der Welt gerade passiert – sei es in der Ukraine, sei es in Nordkorea, in Israel, im Nahen Osten –, dann kann man das Jahr gar nicht hoch genug einschätzen.
Und das nicht nur für den Schweizer Immobilienmarkt.
Richtig, obwohl die positiven Tendenzen bei uns besonders ausgeprägt waren. Auch die internationalen Anlagemärkte haben sich gut entwickelt, die USA haben sich wie schon gesagt zumindest teilweise erholt. Asien ist ohnehin relativ abgekoppelt vom Rest der Welt und hat nicht die gleiche Delle erlebt wie die USA oder Europa.
«Bei Wohnliegenschaften beobachten wir schon in diesem Jahr höhere Preise.»
Was bedeuten die niedrigen Zinsen für die Immobilienpreise in der Schweiz?
Die Immobilienpreise sind ein breites Feld. Bei den Einfamilienhäusern oder allgemeiner beim Wohneigentum werden wir sicher weiter steigende Preise erleben. Mehr Menschen brauchen Wohnraum, die Banken bieten günstiges Geld, dann werden Käufer auch höhere Preise zahlen. Im Anlagemarkt sehe ich das differenzierter. Bei den Büro- und Gewerbeflächen kann ich noch keine substanzielle Erholung erkennen; hier werden wir uns auch weiterhin seitwärts bewegen. Bei Wohnliegenschaften beobachten wir schon in diesem Jahr höhere Preise, weil die Investorennachfrage vorhanden ist.
Bedeutet das für Investoren im Wohnsegment einen gewissen Handlungsdruck – kaufen, bevor es noch teurer wird?
Bei institutionellen Investoren, insbesondere Pensionskassen, kommt der Handlungsdruck auch durch die Finanzmarktentwicklung. Bonds und Aktien haben deutlich zugelegt – wenn also in der Anlagestrategie eine bestimmte Allokation für Immobilien festgelegt ist, muss hier nachgezogen werden. Bei der schwachen Performance der Finanzmärkte in den Jahren 2022 und 2023 waren viele plötzlich an der Obergrenze mit ihren Immobilieninvestments und mussten Anpassungen nach unten vornehmen. Jetzt geht es wieder in die entgegengesetzte Richtung.
Wenn wir, wie von Ihnen ausgeführt, die Entwicklung in der Schweiz als besonders robust ansehen, konzentrieren sich die Immobilien-Investments dann auf den inländischen Markt?
Richtig, besonders im europäischen Ausland haben wir noch eine höhere Unsicherheit. Als nicht zu unterschätzender Faktor kommt hinzu, dass ein steigender Franken bei Investitionen im Ausland zu Währungsverlusten führt, die man natürlich vermeiden will.
Dennoch gibt es ausländische Märkte mit Potenzial. Welche beobachten Sie aktuell besonders?
Wir denken zuerst einmal nicht Länder-, sondern Branchen-fokussiert. Logistik bleibt beispielsweise ein Wachstumsmarkt. Globaler Handel funktioniert auch in Krisenzeiten, das haben wir gelernt. Wenn man sieht, wie Konsumenten heute shoppen, wird die Logistik immer weiter an Bedeutung gewinnen. Gleiches gilt für das Wohnen in Städten. Urbanisierung ist ein weltweiter Trend, die Menschen ziehen zurück in die Städte und sorgen dort für hohe Nachfrage. In diesem Zusammenhang bleibt auch das Wohnen im Alter spannend, wenigstens solange die Babyboomer vorhanden sind und diese Angebote in Anspruch nehmen. Hinzu kommen als spannendes Investment grosse Datencenter, bei denen wir uns allerdings fragen, ob diese noch unter Logistik oder bei der Infrastruktur einzuordnen sind.
Somit steht fest, auf welche Branchen wir uns konzentrieren, die geografische Region kommt dann in einem zweiten Schritt. Hier lautet die einfache Formel: je weiter weg, desto besser. Denn damit erreicht man zusätzliche Sicherheit, da entfernte Märkten relativ unabhängig von unseren funktionieren.
«In der Schweiz dürfte sich der eingeschlagene Kurs fortsetzen.»
Setzen Sie in diesen Branchen eher auf direkte oder indirekte Investitionen?
Das hängt vor allem von der Region ab. In der Schweiz kann man einzelnen Liegenschaften halten. Im Ausland wäre das viel zu komplex, schon allein aufgrund des Rechts- und Steuersystems. Deswegen setzen wir dort auf indirekte Anlagen. Diese bedeuten einen gewissen Performanceverlust, da der örtliche Manager auch etwas verdienen muss. Dafür ist er näher am Markt und besser informiert, als wir das jemals sein könnten, wenn wir beispielsweise in Australien eine Immobilie erwerben.
Sie haben das abgelaufene Jahr als eine positive Überraschung bezeichnet. Wie geht es 2025 weiter?
In der Schweiz dürfte sich der eingeschlagene Kurs fortsetzen, wobei im Geschäftsflächen- oder Retailsegment weiterhin Vorsicht geboten ist. Fürs Ausland würde ich eine so positive Prognose nicht unterschreiben, auch nicht für Amerika, aber für die Schweiz ist sie angebracht, auch weil die Nationalbank den Franken mithilfe niedriger Zinsen verteidigen muss. Unter der Voraussetzung, dass nicht eine der globalen Krisen völlig eskaliert, dürften Investoren mit einem Schwerpunkt auf Wohnen von einem guten bis sehr guten Jahr 2025 ausgehen.
Herr Meier, ganz herzlichen Dank!