Immobilie in der Scheidung: das müssen Sie wissen
Eine Scheidung ist oft mit emotionalen und finanziellen Herausforderungen verbunden, insbesondere wenn ein Paar eine gemeinsame Immobilie besitzt. Häufig sind sich Eheleute nicht bewusst, welche rechtlichen Rahmenbedingungen im Falle einer Trennung greifen.
Wenn man nicht in einem Ehevertrag etwas anderes vereinbart, entsteht mit einer Heirat automatisch eine sogenannte Errungenschaftsbeteiligung. Deshalb gilt dieser Güterstand mit Abstand für die meisten Ehepaare in der Schweiz (auch wenn keine exakten Statistiken dazu verfügbar sind). Im Grunde lässt sich die Errungenschaftsbeteiligung einfach erklären – das Vermögen jedes Partners besteht aus zwei Teilen:
- Eigengut: das in die Ehe eingebrachte Vermögen, Erbschaften auch während der Ehe, und Gegenstände zu ausschliesslich persönlichem Gebrauch
- Errungenschaften: alle Vermögenswerte, die der jeweilige Partner entgeltlich erwirbt, also beispielsweise das Gehalt, Leistungen aus Sozialversicherungen, aber auch (Zins-)Erträge aus dem Eigengut.
Erst bei einer Scheidung wirklich relevant
In der Ehe verfügt jeder Partner über sein eigenes Vermögen und haftet konsequenterweise auch alleine für seine eigenen Schulden. Die Unterscheidung zwischen Eigengut und Errungenschaft spielt also praktisch keine Rolle. Kommt es jedoch zu einer Trennung, wird sie zum bestimmenden Faktor bei der Aufteilung des bestehenden Vermögens. Jeder Partner erhält sein Eigengut, die Errungenschaften werden zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt, es sei denn, im Vorfeld wurde eine andere vertragliche Regelung getroffen.
Spielen wir dies am konkreten Beispiel einer Immobilie durch: Ein Haus mit Grundstück wurde für einen Wert von 1 Million Franken erworben. Als Eigenkapital wurden bei der Finanzierung 200’000 Franken eingebracht – 150’000 Franken von Partner A, 50’000 Franken von Partner B. Beide hatten ihren Anteil jeweils aus einer Erbschaft erhalten. Die Hypothekenzahlungen hingegen werden aus dem Erwerbseinkommen der beiden Partner bestritten.
Im Falle einer Trennung müssen die unterschiedlich hohen Anteile am Eigenkapital beachtet werden, da diese aus dem Eigengut eingebracht wurden. Wer welchen Beitrag zu den Hypothekenzahlungen geleistet hat, spielt jedoch keine Rolle, weil das Erwerbseinkommen unter die Errungenschaften fällt.
Schriftliche Vereinbarungen sorgen für Sicherheit
Nun gilt es jedoch einen wichtigen Punkt zu berücksichtigen: Dass es sich bei Vermögenswerten um Eigengut handelt, muss zweifelsfrei nachweisbar sein. Im Nachhinein gestaltet sich dieser Nachweis oft schwierig – denn wie lässt sich bei einer Zahlung Jahre später noch belegen, welche Mittel dafür verwendet wurden? Schon alleine deswegen raten wir (spätestens) beim Kauf einer Liegenschaft zu einem Vertrag, der die Eigentumsanteile ganz klar regelt. Dabei besteht grosse Gestaltungsfreiheit; beispielsweise können auch unterschiedlich hohe Beiträge zu den Hypothekenzahlungen gewichtet und die Eigentumsanteile an der Liegenschaft entsprechend angepasst werden.
Emotionale Herausforderungen
An dieser Stelle ist ein kleiner Exkurs angebracht. Über einen Vertrag zu sprechen, der die finanziellen Aspekte einer Partnerschaft regelt, ist aus rationaler Perspektive nur sinnvoll. Auf einer emotionalen Ebene sieht das anders aus: Wenn man gerade dabei ist, das künftige Nest für die Familie zu erschaffen, können Diskussionen über prozentuale Verteilungen zu einem wahren Stimmungskiller werden. Hinzu kommt, dass man – formell gesehen – Vorkehrungen für eine mögliche Scheidung trifft. Deswegen tun Paare gut daran, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass dies nicht ein unausweichliches Ziel ist, auf das sie zusteuern. Vielmehr schaffen sie lediglich Klarheit für einen Fall, der hoffentlich nie eintritt.
Liegenschaftswert mit Konfliktpotenzial
Wie bereits erläutert, gehören zu den gemeinsamen Errungenschaften auch alle Erträge, die im Verlauf der Ehe erzielt werden. Somit auch einer Wertsteigerung oder ein – deutlich weniger wahrscheinlich – Wertverlust einer Immobilie. Bei einer Scheidung kommt es häufig zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich des tatsächlichen Werts einer Liegenschaft. Verhältnismässig einfach lassen sich diese lösen, wenn die Immobilie verkauft wird, denn dann müssen beide Parteien mit dem erzielten Preis leben.
Möchte jedoch ein Partner im Haus oder in der Wohnung bleiben, muss der andere Partner ausbezahlt werden. Häufig holen dann beide eine Schätzung des Liegenschaftswerts ein. Kommen diese von seriösen Anbietern und bewegen sich in einem realistischen Rahmen, erhöht sich die Chance, eine gütliche Einigung zu finden. Andernfalls führt der Weg oft zuerst in ein Anwaltsbüro und weiter vor ein Gericht, das eine finale Entscheidung trifft.
Bei Adimmo bieten wir nicht nur fundierte Immobilienbewertungen an, sondern übernehmen auf Wunsch auch den Verkauf einer Immobilie. Eine erste Orientierung zum Wert einer Liegenschaft erhalten Sie mit unserem kostenlosen Online-Rechner.
Vorsorgliche Weichenstellung
Kehren wir zurück zum Ausgangspunkt: Die meisten Ehepaare in der Schweiz leben im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Alternativ kommen die Gütergemeinschaft oder die Gütertrennung in Betracht. Diese erfordern ohnehin einen Vertrag, eine Immobilie kann also von Anfang berücksichtigt oder dem Vertrag später hinzugefügt werden.
Solche Anpassungen können sich im Laufe einer Ehe immer wieder als sinnvoll erweisen, unabhängig davon, welcher Güterstand gewählt wurde. Beispielsweise sollten bei der Geburt von Kindern klare Vereinbarungen getroffen respektive ergänzt werden – nicht umsonst spricht man üblicherweise von einem Ehe- und Erbvertrag. Dies trifft umso mehr auf Patchwork-Familien zu, bei denen schon Kinder mit in eine neue Ehe gebracht werden.
Denn so viel steht fest: Eine Trennung stellt immer eine schwierige Situation für alle Beteiligten dar. Das können klare vertragliche Regelungen zwar nicht vollständig verhindern, doch sie können zumindest typische Ursachen für Auseinandersetzungen deutlich entschärfen.
Adimmo AG
Patrick Moppert
Mitglied der Geschäftsleitung